Konjunktur im Handwerk tritt auf der Stelle
- Norbert Opfermann
- vor 10 Minuten
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Düsseldorf. Die wirtschaftliche Stagnation im Handwerk an Rhein, Ruhr und Wupper hält an. Laut dem aktuellen Herbstgutachten der Handwerkskammer (HWK) Düsseldorf verharrt die Konjunktur nunmehr seit zwei Jahren auf niedrigem Niveau. Eine Trendwende bleibt aus.
Der Geschäftsklimaindex der Handwerkskammer liegt aktuell bei 105 Punkten – drei Zähler weniger als im Vorjahr und zwölf Punkte unter dem langjährigen Mittelwert. Eine Entwicklung, die Kammerpräsident Andreas Ehlert bei der Vorstellung des Gutachtens scharf kritisierte: „Seit zwei Jahren bewegt sich die Konjunktur im Handwerk nicht vom Fleck. Ohne politische Impulse wird es keinen Aufschwung geben.“

Die Präsentation fand im Stuckateurbetrieb von Gerd Reingen (56) statt, der seine Firma jüngst vom Stadtteil Hamm an den neuen Standort am Südfriedhof in Bilk verlegt hat. Die Erfahrungen des Gastgebers untermauern Ehlerts Kritik an der Politik. Stuckateurmeister Reingen, der an seinem neuen Standort eine siebenstellige Summe investiert, musste unglaubliche zwei Jahre auf die Genehmigung der Nutzungsänderung warten.
Trotz der administrativen Hürden setzt Reingen auf Modernität und Nachhaltigkeit: Das Unternehmen hat eine Ladesäule installiert, die von der eigenen PV-Anlage gespeist wird, und plant weiterhin die Wärmedämmung des gesamten Hauses. Sohn David soll den Betrieb künftig übernehmen, doch die Schwierigkeiten sind allgegenwärtig: „Es ist schwierig, Personal zu kriegen. Wir leiden unter den Lohnsteigerungen und an der Bürokratie.“ Das Handwerk wünscht sich daher vor allem verlässliche Rahmenbedingungen und Fördermittel für die energetische Sanierung.
Umsatz und Beschäftigung unter Druck
Die Konjunkturflaute zeigt sich in den Zahlen:
● Das Umsatzklima gab um 5 auf 88 Punkte nach.
● Das Auftragsklima sank um 3 auf 85 Punkte.
Ehlert sieht die Ursachen in der Konsumzurückhaltung der Privathaushalte und der schwachen Investitionsneigung der Unternehmen. Besonders hart trifft es die Zulieferer, von denen 42 Prozent rückläufige Aufträge melden.
Auch am Arbeitsmarkt herrschen negative Signale: Fast jeder fünfte Betrieb baute Personal ab. Das Handwerk verliert im Durchschnitt jährlich rund ein Prozent seiner Beschäftigten – vor allem bedingt durch die Renteneintritte der geburtenstarken Jahrgänge. Trotzdem meldet weiterhin jeder dritte Betrieb offene Stellen.
Forderung: Sondervermögen für „echte Infrastruktur“
Um die Bauwirtschaft zu beleben, könnte das Sondervermögen Infrastruktur ab dem kommenden Jahr stimulierende Effekte haben. Ehlert mahnte jedoch: „Dafür müssen die Mittel zusätzlich zu ohnehin geplanten Ausgaben investiert werden.“ Der Schwerpunkt müsse klar auf echter Infrastruktur liegen: „Straßen, Brücken und Schienen, die die Wettbewerbsfähigkeit unseres Wirtschaftsstandorts stärken.“
Zudem kritisierte der Kammerpräsident das Land NRW scharf, das mit der Abschaffung von Regeln einer mittelstandsfeindlichen Auftragsvergabe an Generalübernehmer in den Kommunen Tür und Tor geöffnet habe.
„Der ‚Herbst der Reformen‘ darf keine Worthülse bleiben“
Abschließend stellte Ehlert klar, dass staatliche Investitionen allein nicht ausreichen: „Die aktuelle Lage ist keine vorübergehende Konjunkturdelle, sondern das Ergebnis einer strukturellen Krise.“ Neben Bürokratieabbau forderte er niedrigere Sozialabgaben und Energiepreise – und kritisierte die milliardenschweren Industriesubventionen scharf. Der Mittelstand schaue fassungslos zu, wie Energiehilfen und kostenlose CO₂-Zertifikate an die Industrie verteilt werden.
Seine abschließende Botschaft an die Politik: „Der ‚Herbst der Reformen‘ darf keine Worthülse bleiben.“




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