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So mies geht Laschet mit Kleinunternehmern um

Aktualisiert: 1. Apr. 2022

Düsseldorf. Im letzten Triell hat der CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet noch gegen die Vermögenssteuerpläne von Rot-Grün geschimpft. Diese träfe besonders die Handwerker und Kleinunternehmer. Da hat der CDU-Mann doch offensichtlich eine ganz neue Liebe zum Mittelstand entdeckt. Denn Soloselbständigen, Kleinstunternehmern und Freiberufler, denen durch den staatlich verordneten Lockdown die Existenzgrundlage entzogen wurde, sehen das ganz anders.


Im März 2020 verkündeten Bund und Länder eine schnelle, unbürokratische und nicht rückzahlbare Corona-Soforthilfe für Kleinunternehmer. Dafür warb man in groß-

formatigen Zeitungsanzeigen. In Presseerklärungen wurde es gar die „Bazooka“ - ein besonders großes Geschütz - genannt, um durch die Krise zu kommen.


Von diesen vollmundig verkündeten Aussagen trifft auf NRW nur das Wort „schnell“ oder vielleicht besser „vorschnell“ zu. Zwischen Bund und Ländern wurde nämlich am 1. April 2020 mit Wirkung zum 2. April 2020 eine Bund-Länder-Vereinbarung geschlossen. Dabei war NRW wie auch alle anderen Bundesländer ermutigt, ein eigenes Landesprogramm daraus aufzulegen. Ob das Land dabei die internen Regelungen mit dem Bund 1:1 umsetzt oder, wie es alle Länder getan haben, unter Verwendung eigener Mittel aus dem Landeshaushalt das Programm ausweitet durch zum Beispiel Unternehmerlohn/Lebenshaltungskosten, blieb dem einzelnen Land allein überlassen. Eine direkte Außenwirkung hat diese Bund-Länder-Vereinbarung ebenso wenig wie eine Durchgriffswirkung auf den einzelnen Soforthilfeempfänger. Ein einfacher Vergleich: Geschäftsbanken leihen sich bei der

Bundesbank Gelder und natürlich wird dazu ein Vertrag geschlossen. Der hat aber nichts mit den Verträgen der Geschäftsbanken mit ihren Kunden zu tun, denn die schließen ganz eigene Verträge mit den Kunden und es gelten die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der jeweiligen Bank.


Nordrhein-Westfalen unter (Noch)-Ministerpräsident Armin Laschet aber wollte offenbar eine Vorreiterrolle übernehmen und hat am 27. März 2020 das Antragsverfahren eröffnet, Förder-Bedingungen in Form von so genannten FAQ veröffentlicht und Bewilligungsbescheide erlassen – bevor die Bund-Länder-Vereinbarung überhaupt geschlossen war oder in Kraft trat.

Wie groß die „Schockstarre“ über die Inhalte der Bund-Länder-Vereinbarung in NRW gewesen sein muss, kann man ganz leicht daran erkennen, dass selbst nach ihrem Inkrafttreten die Soforthilfe-Anträge und Bewilligungsbescheide sich nicht nennenswert inhaltlich verändert haben.


Änderungen der FAQs am laufenden Band durch die NRW-Regierung

Zugleich allerdings scheint es in NRW zu einer massiven Panik gekommen zu sein: Allein in den ersten beiden Wochen änderte man still und heimlich die Bedingungen in Form der FAQ fünfzehn Mal. Informiert wurden dabei weder die Antragsteller, die bis dahin eine Bewilligung erhalten hatten, noch alle anderen. Beispiel: Am Nachmittag des 1. April wurde der Punkt, nach dem Soloselbständige im Haupterwerb von der Soforthilfe ihre Lebenshaltungskosten bestreiten durften gelöscht, ohne auch nur einen Soforthilfeempfänger darüber zu informieren. Erst nach massiven verunsicherten Anfragen der Betroffenen, nahm Wirtschaftsminister Dr. Andreas Pinkwart (FDP) Tage später dazu Stellung und

erklärte, dass die entsprechende Zusage zurückgenommen werden musste.


Änderungen zum Nachteil von Kleinunternehmen

Doch es ging noch weiter: Während die Landesregierung und das Wirtschaftsministerium NRW konsequent jedes konstruktive Gespräch gegenüber verschiedensten Organisationen verweigerten, wurden im Juli 2020, Oktober 2020, Dezember 2020 und zuletzt im Juni 2021 per E-Mail Mitteilungen an die Soforthilfeempfänger geschickt zum so genannten „Rückmeldeverfahren“. Nur am Rande sei angemerkt, dass weder in den FAQ, noch im Antrag, geschweige denn im Bewilligungsbescheid ein solches digitales Rückmeldeverfahren überhaupt vereinbart war. In fast jeder dieser Mails wurde versucht, die bisher getroffenen Vereinbarungen und Bedingungen (aus den FAQ), den Anträgen und sogar verbindliche Aussagen aus den Bewilligungsbescheiden zum Nachteil der Soforthilfeempfänger abzuändern. Man muss wissen: Um einen rechtskräftigen Bescheid zu ändern, wird ein Änderungsbescheid benötigt und dieser ist vor dem Verwaltungsgerichten anfechtbar.


Fairness und Bürgerfreundlichkeit in NRW sehen anders aus, stellt die Interessengemeinschaft NRW-Soforthilfe fest. Handelte es sich bei diesen E-Mails um Änderungsbescheide? Diese Frage wurde dem Land NRW von verschiedener Seite gestellt, auch von großen Organisationen und deren Präsidenten. Allesamt wurden

beantwortet mit der Aussage „Wir nehmen zu ihrem Vortrag keine Stellung“.

Also blieb den Betroffenen nichts anderes übrig, als diese wichtige Frage gerichtlich klären zu lassen, zumal die Klagefrist gegen die erste Mail aus Juli 2020 auslief. Das haben auch etwa. 370 Kläger in NRW gemacht, einige mit Anwälten, die meisten ohne.


Die meisten dieser Klagen waren darauf ausgelegt, die Verfahren ruhend zu stellen und nur einige wenige, anwaltlich vertretene Klagen zu verhandeln – die anderen Kläger teilten den Gerichten sogar mit, sich der Entscheidung aus den verhandelten Klagen zu beugen. Selbst die Bezirksregierung Arnsberg (als Beklagte) nahm diesen Vorschlag gegenüber dem Verwaltungsgericht Arnsberg auf, um allen Seiten unnötige Kosten zu ersparen.


Aber statt fair zu verfahren, werden den ohnehin finanziell am Boden liegenden Klägern jetzt noch die Kosten einer beauftragten Anwaltskanzlei zusätzlich in Rechnung gestellt, die weitere Kosten verursachen. Viele Kläger meinen, es handle sich um den Versuch, sie auf Kosten zu treiben, die sie sich nicht leisten können und damit mundtot zu machen. Ein solches Verhalten wird von den Betroffenen als grundlegend undemokratisch empfunden. Erwähnte Kanzlei erzielt dabei mit minimalstem Aufwand einen gewaltigen Profit, durch Versand eines 40-seitigen Schriftsatzes an alle Kläger, der hauptsächlich die Pressemitteilungen des Landeswirtschaftsministeriums NRW zitiert. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat dagegen entschieden, dass das Land die Kosten für die beauftragte Anwaltskanzlei selbst übernehmen muss. Die Landesregierung habe hier gegen das allgemeine Gebot der sparsamen Prozessführung verstoßen.


Was wissen Armin Laschet und das Wirtschaftsministerium?

Die häufigste Frage der Betroffenen lautet: Warum steht das Land NRW, sein mittelstandsfreundlicher Ministerpräsident – der immerhin Kanzler werden will – und das Wirtschaftministerium nicht zu den eigenen Fehlern, sondern versuchen alles, um diese durch nachträgliche Änderungen zu Lasten der Betroffenen wegzubügeln? So steht es unverblümt in einer aktuellen Pressemeldung der Interessengemeinschaft NRW-Soforthilfe


Öffentlich gibt sich die Landfesregierung wortkarg, ganz im Gegensatz zu den vielen Pressekonferenzen, wenn es um die Verkündung der eigenen „Wohltaten“ in Sachen Soforthilfe ging. Dabei ist die Frage mehr als berechtigt, ob Armin Laschet als Ministerpräsident und das Wirtschaftsministerium NRW die Verantwortung für das vorschnelle Handeln und die anschließenden Versuche der heimlichen Änderungen tragen. So unwissend und ohne Verantwortung können sie gar nicht sein, denn es gab zu der Thematik bereits mehrere Debatten in Sitzungen des Landtags, mehrere kleine Anfragen der Oppositionsparteien und eine Bürger-Petition, über die der Petitionsausschuss

bereits zweimal tagte und die Situation noch immer untersucht. Man wusste also schon frühzeitig von den Problemen und dennoch tut man so, als gäbe es sie nicht. Auch wurden Abgeordnete verschiedener Parteien über den Sachverhalt informiert.


Die Landesregierung muss sich fragen lassen, warum sie denn keine verbindliche Förderrichtlinie oder verbindliche Förderbedingungen vor dem Start des Antragsverfahrens formuliert hat. Andere Bundesländer wie etwa Bayern haben es so gemacht und eine Förderrichtlinie vor Beginn des Antragsverfahrens veröffentlicht. Die Antwort darauf sei ebenso peinlich wie unfair: Erst am 31. Mai 2020, am letzten Tag, an dem man noch einen Antrag auf die Corona-Soforthilfe stellen konnte, hat NRW-WirtschaftsministerAndreas Pinkwart eine Richtlinie in Form einer internen Verwaltungsanweisung erlassen, die jedoch rückwirkend zum 27. März 2020 gelten soll. Dazu muss man wissen: Diese Richtlinie hat keine direkte Außenwirkung, sie greift also gar nicht direkt in die Vereinbarungen mit den Soforthilfeempfängern ein, sondern verpflichtet die Verwaltung dazu, nach der Richtlinie zu handeln. Wusste man vielleicht, dass man im Nachhinein keine direkten Änderungen durchsetzen kann (Stichwort Vertrauensschutz) und wälzt deshalb alle Probleme auf die Verwaltungen in den Bezirksregierungen ab und weist sie an, gegen die verbindliche getroffenen Regelungen der Bescheide zu handeln?


Die Mehrbelastung des NRW-Haushalts um 1,5 Milliarden Euro bei Verzicht auf das Rückmeldeverfahren dürfte der wahre Grund für dieses Handeln der Regierung sein, mutmaßt die Interessengemeinschaft NRW-Soforthilfe. Die Rückforderung der Soforthilfe führt zu einer Vielzahl von Geschäftsaufgaben und somit einer Finanzierung der Arbeitslosendurch Hartz IV, Wohngeld, Zahlungsausfälle an Banken und Behörden, Lieferanten. Man muss kein Prophet oder Mathegenie sein: Das Ergebnis und der Gesamtaufwand übersteigen den Betrag bei fairer Einhaltung der ursprünglichen Bedingungen der Soforthilfe in NRW um ein Vielfaches. Ist es da verwunderlich, dass sich die vielen Betroffenen fragen, ob ihre Existenzen dem „Landesvater“ und seinem Wirtschaftsministerium so wenig wert sind.

NRW rühmte sich über viele Jahre, dass die kleinen und mittelständischen Unternehmen das Rückgrat der wirtschaftlichen Stärke des Landes seien. Kein Wunder: Gerade die Kleinen sind es, die eben nicht über Steuersparmodelle verfügen und brav über viele Jahre dem Staat und auch dem Land die Steuereinnahmen bescherten. Wenn man nun diese Grundlage vernichtet verlieren nicht nur die Innenstädte durch den Verlust kleiner, inhabergeführter Läden auch noch das letzte bisschen Charme, sondern NRW verliert auch seine solide Basis beim Steueraufkommen. Ein Betroffener nennt die Corona-Politik von Angela Merkel und Armin Laschet eine „Mittelstandsvernichtungspolitik“, deren sich die Partei Ludwigs Erhards schämen sollte.

Sein Wahlkampfteam hat mindestens einen Hinweis erhalten, dass dieses Vorgehen in NRW dem Kanzlerkandidaten Wählerstimmen kosten wird.


Kein Vertrauen in den CDU-Kanzlerkandidaten

Erst kürzlich hat Armin Laschet sich öffentlich dazu ausgesprochen, dass die Corona-Wirtschaftshilfen möglichst bald enden sollen. Wie kann man da noch einem Kanzleranwärter Vertrauen schenken, fragen sich die Mittelständler.

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