Norbert Opfermann

18. Juli 20212 Min.

Kommentar: Deichgrafen gewinnen Wahlen

Theodor Storm hat in seiner Novelle „Der Schimmelreiter“ einem Deichgrafen ein literarisches Denkmal gesetzt. Der aus einfachen Verhältnissen stammende Hauke steigt in Storms Erzählung dank seines Ehrgeizes und des Vermögens seiner Frau zum Deichgraf auf. Er lässt einen neuen dauerhaften Deich bauen, geht jedoch mit seiner Familie unter, als der alte Deich bricht.

Wenn heute Deiche brechen oder Flüsse über die Ufer treten, sind die Politiker schnell zur Stelle. Sie drücken ihre Anteilnahme aus und versprechen Hilfe für die Betroffenen. So gewann Gerhard Schröder 2002 die Bundestagswahl durch das Elbhochwasser, der damalige brandenburgische Umweltminister Matthias Platzek empfahl sich beim Oderhochwasser 1997 als Krisenmanager für höhere Aufgaben,

Oberbürgermeister Stephan Keller eilte am 14. Juli in die vom Hochwasser betroffene Ostparksiedlung. Er hätte nun die Chance, sich als Deichgraf zu profilieren. Obwohl die Ostparksiedlung als Risikogebiet galt, wurde unter seinem Vorgänger Thomas Geisel und der Ampelkoalition im Rathaus nichts zum Hochwasserschutz getan. Warum nichts geschah, wird noch Gegenstand von Fragen der Bezirkspolitiker in der Bezirksvertretung 7 und im Stadtrat sein.

Dabei war man gewarnt: Gleich zweimal war der Düsseldorfer Norden 2018 von Starkregen betroffen. Ende des 18. Jahrhunderts fand eine große Wasserregulierung statt: So wurden Spaltwerke gebaut, um die Hoch- und Niedrigwassersituation zu regulieren. Bis heute verlässt man sich darauf, dass bei Hochwasser die Düsselfluten über Brückerbach und Kittelbach abgeleitet werden. Aber auch der Kittelbach wurde jetzt zu einem breiten Strom der über die Ufer trat.

Die Forderung kann nur lauten: An der Düssel und den anderen Bächen müssen die Deiche erhöht werden, Hochwasserrückhaltebecken zusätzlich errichtet werden, um das Problem nicht auf die nächsten Stadtteile zu verlagern. Gerade für das Gebiet Glasmacherviertel in Gerresheim, durch das die Düssel fließt, sollte man die Planungen überarbeiten, für eine leistungsfähige Kanalisation und für Hochwasserschutz sorgen; möglicherweise Brücken erhöhen. Insbesondere sollte man auch darüber nachdenken, dass durch zunehmende Oberflächenversiegelung dem Regenwasser die Möglichkeit zur Versickerung genommen wird.

Hochwasserschutz werden die Gemeinden nicht allein bezahlen können, Land und Bund müssen hier ein Hochwasserschutzprogramm finanzieren. Aber nur Deichgrafen, die neue Dämme bauen, werden Wahlen gewinnen.

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