Norbert Opfermann

13. Apr. 20214 Min.

Die Steilrampe Erkrath-Hochdahl

Aktualisiert: 6. Aug. 2021

Gerresheim. Am 10. April 1841 dampfte der erste Zug über die Steilrampe Erkrath-Hochdahl. Bis 1981 war dieser Streckenabschnitt die steilste Eisenbahn-Hauptstrecke Europas. Die Steilrampe hat von Erkrath in Richtung Hochdahl eine Steigung von 33,3 Promille (das heißt 33,3 Höhenmeter auf 1000 Meter Strecke) und überwindet einen Höhenunterschied von 82 Meter auf etwa 2,5 Kilometer Länge. Erst 1981 löste die französische Hochgeschwindigkeitsstrecke Süd-Ost zwischen Paris und Lyon eröffnet den Rekord ab: Sie weist Steigungen bis zu 35 Prozent auf.

S-Bahn-Zug aus Erkrath in Richtung Hochdahl. Foto: Norbert Opfermann

Düsseldorf hat eisenbahntechnisch gesehen schon früh einen Meilenstein gesetzt. Im Nordtunnel des Hauptbahnhofs erinnert eine Gedenktafel an die Vorreiterrolle Düsseldorfs im Schienenverkehr. Am 20. Dezember 1838, also vor 175 Jahren, dampfte die erste Eisenbahn in Westdeutschland von Düsseldorf bis Erkrath.

Damals gab es erst fünf Eisenbahnen in Deutschland. Die Lokomotiven erreichten eine für die damalige Zeit schwindelerregende Geschwindigkeit von 45 Stundenkilometern. Ein Bauer, der zum ersten Mal in seinem Leben eine Lokomotive sah, soll ausgerufen haben: „Und ein Pferd steckt doch drin!“ Der Heimatverein „Düsseldorfer Jonges“ und die Reichsbahndirektion Wuppertal haben dieses Ereignis zum 100-jährigen Jubiläum auf einer Gedenktafel von Emil Jungbluth im Jahre 1938 festgehalten. Eine weitere Gedenktafel befindet sich am Brunnen vor St. Margareta im Stadtteil Gerresheim. Die Szene zeigt die Ankunft des ersten Zuges in Gerresheim.

Im Bergisch-Märkischen Land gab es Anfang des 19. Jahrhunderts eisen- und textilverarbeitende Betriebe. Die Waren und Rohstoffe mussten jedoch sehr mühsam auf dem Landweg transportiert werden. Aufgrund der steigenden Transporte plante man sogar um 1800 den Bau eines Kanals. Dazu sollte unter anderem die Düssel teilweise gestaut und kanalisiert werden. Wegen des Höhenunterschiedes hätte der Kanal mehrere Schleusen haben müssen.

Nach dem Siegeszug der Eisenbahn stand aber ein neues Verkehrsmittel zur Verfügung. Der Plan einer Eisenbahnverbindung zwischen dem Rhein und dem bereits industrialisierten Bergisdchen Land kann bis auf das Jahr 1832 zurückgeführt werden. Mitinitiator und Förderer dieser Idee war der Elberfelder Bankier und spätere preußische Handels- und Finanzminister August von der Heydt. Zwecks Umsetzung dieser Pläne wurde im Oktober 1835 die Eisenbahngesellschaft gegründet. Deren Gründungsstatut wurde von der Preußischen Regierung am 23. September 1837 bestätigt, wodurch die Gesellschaft auch die Konzession für den Bau und Betrieb der 27 Kilometer langen Strecke von Düsseldorf über Erkrath, Hochdahl und Vohwinkel nach Elberfeld erlangte.

Am 1. Dezember 1841 wurde der Betrieb auf der gesamten Strecke bis Elberfeld aufgenommen. Zwischen Erkrath und Hochdahl gibt es dabei eine Besonderheit: Dieser Abschnitt war seinerzeit die steilste Eisenbahn-Hauptstrecke Europas. Hierbei handelt es sich um eine eisenbahntechnische Pioniertat. Man holte sich sogar Rat in England bei Robert Stephenson, dem Sohn des Eisenbahnpioniers George Stephenson, und entschied sich für den Bau einer „schiefen Ebene“. Alternative Streckenführungen hätten mehrere Brücken- und Tunnel-Bauten sowie das Wegsprengen von Bergnasen erfordert.

Die Steilrampe bei Erkrath erforderte eine neue Technik

Die Steilrampe hat von Erkrath in Richtung Hochdahl eine Steigung von 33,3 Promille (das heißt 33,30 Höhenmeter auf 1000 Meter Strecke) und überwindet einen Höhenunterschied von 82 Meter auf etwa 2,5 Kilometer Länge. Der Streckenabschnitt zählt damit auch heute noch zu den steilsten Hauptstreckenabschnitten in Deutschland. Die Überwindung des Höhenunterschieds zwischen Erkrath und Hochdahl erforderte bau- und betriebstechnische Leistungen, wie sie in den „Kinderjahren“ der Eisenbahn noch nicht vorgekommen war. Zur Zeit der Eröffnung der Bahnlinie im Jahre 1841 bis Hochdahl konnte die Steilrampe nur mit Hilfe einer stationären Dampfmaschine (ähnlich einer Standseilbahn) überwunden werden, die die Züge mit einem Seil den Berg hinaufzog.

Nach nur fünf Monaten erwies sich dieses sich dieses Verfahren als umständlich und unwirtschaftlich. Die Anlage wird so umgebaut, dass ab 22. September 1841 ein zu Tal fahrender Zug einen entgegenkommenden bergauf fahrenden Zug mit einem Seil über drei Umlenkrollen die Rampe hinauf zog. Oft kam auch eine dafür extra in Hochdahl stationierte Lokomotive für die ziehende Talfahrt zum Einsatz. Auf die stationäre Dampfmaschine konnte somit verzichtet werden. Das Maschinenhaus wurde erst Anfang der 1980er-Jahre abgerissen. Dieses Verfahren setzte eine feine Fahrplangestaltung voraus, damit die Züge in beide Richtungen stets zur selben Zeit in Hochdahl und Erkrath losfuhren. Die nächste Änderung erfolgte im Juni 1843: Nachdem das aus Hanf bestehende Seil mehrmals - zum Teil aufgrund von Sabotage - gerissen war, wurde es durch ein stabiles Stahlseil ersetzt. Ab 1855 wurde der Betrieb der Seilzuganlage auf reine Seillokomotiven umgestellt. Eine vollständige Trennung vom talwärtigen Betrieb war dann ab 1865 möglich, als ein drittes Gleis gebaut wurde, auf dem die Seillokomotiven fahren konnten. Meist fuhren sie auf dem mittleren Gleis.


 
1926 war der Seilzugbetrieb durch den Einsatz von nunmehr leistungsstarken Lokomotiven überflüssig. Stattdessen wurden ab Erkrath bis zu zwei Schiebe- und vor allem bei schweren Güterzügen zusätzlich Vorspannlokomotiven angekoppelt, so dass bis zu vier Dampflokomotiven mit Anlauf einen Zug den Berg hinaufbeförderten.

Mit Strom geht's problemlos

Erst seit der Elektrifizierung der Steilstrecke im Jahre 1963 und der Gesamtstrecke 1964 bis Hagen schaffen die Züge ohne weitere Hilfe den Weg hinauf zum Hochdahler Bahnhof. Damit war auch der Zwangshalt aller Schnellzüge in Erkrath vorbei. Der dritte Gleis wurde demontiert. Seit 1988 fährt auf dem Abschnitt die S-Bahn-Linie S8. für den S-Bahn-Betrieb wurde erneut ein drittes Gleis verlegt.

Dekmal am S-Bahnhof hochdahl: ehemalige Umlenkrolle des Seilzugbetriebs. (Foto: Norbert Opfermann)

In Hochdahl steht am S-Bahnhof ein Denkmal mit einer Umlenkrolle. Im alten Lokschuppen auf der anderen Seite der Gleise wird die Geschichte der ersten Eisenbahn in Westdeutschland vom Verein Eisenbahn- und Heimatmuseum mit vielen Ausstellungsstücken dokumentiert.

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