In unserem Wahlforum stellen wir die Kandidatinnen und Kandidaten für die Wahlkreise 41 Norden (mit den Stadtbezirken 1, 5 und den Stadtteilen Lichtenbroich, Unterrath und Mörsenbroich) und 42 (Osten mit den Stadtbezirken 2 und 7 sowie der Stadtteil Rath aus dem Stadtbezirk und die Stadtteile Eller und Lierenfeld aus dem Stadtbezirk 8) vor.
Heute Mona Neubaur, Geschäftsführerin, Kandidatin für Die Grünen im Wahlkreis 41 (Nord).
Welche Vorhaben konnten Sie in der vergangenen Legislaturperiode auf den Weg bringen bzw. welche politischen Erfahrungen haben Sie?
Neubaur: Seit sieben Jahren bin ich mit Begeisterung Vorsitzende der GRÜNEN NRW, habe in dieser Funktion die letzte rot-grüne Landesregierung im Koalitionsausschuss begleitet und mehrere Koalitionen auf kommunaler Ebene federführend mitverhandelt. Außerdem bin ich Mitglied des 16-köpfigen Grünen Parteirats auf Bundesebene, der den Bundesvorstand berät und die Arbeit zwischen den Gremien der Bundespartei, den Fraktionen und den Landesverbänden koordiniert.
Ich habe unser Land und seine Menschen in allen Facetten kennenlernen dürfen. Begeisterung steckt an - und ich begegne jeder Menge begeisternden Menschen in unserem Land. Für sie mache ich Politik, die rauskommt aus der eigenen Komfortzone, die unterschiedliche Positionen verbindet und auch ein schwieriges Gespräch nicht scheut. Ich arbeite an Lösungen, die mehr sind als Kompromisse. Und die auch die nächste und übernächste Landtagswahl noch überdauern. Dafür suche ich das Gespräch mit verschiedenen Seiten und frage, wie ihr Beitrag zum Wandel aussehen kann. Brücken bauen und Gegensätze überwinden - das ist meine Definition von Politik. Aus dieser Erfahrung heraus bin ich überzeugt: Die beste Zeit für Nordrhein-Westfalen liegt noch vor uns. Unser Land und seine Menschen bringen alles mit, um die erste klimaneutrale Industrieregion Europas zu werden. Ich kann mir keine spannendere Aufgabe vorstellen, als dieses Projekt politisch zum Gelingen zu bringen.
Corona hat besonders den Mittelstand getroffen. NRW hat wiederholt nachträgliche Änderungen zu den Bedingungen der Corona-Hilfe 2020 getroffen und steht jetzt möglicherweise vor einer Prozesslawine. Selbständige, die nach der Einnahme-Überschuss-Rechnung buchen, sind gegenüber Selbständigen, die bilanzieren und somit Rückstellungen buchen können, benachteiligt. Außerdem sind viele Kleinunternehmer schlichtweg zahlungsunfähig. Wird Ihre Partei hier nach der Wahl nachbessern?
Neubaur: Die Landesregierung hat es in den vergangenen zwei Jahren nicht geschafft, eine stringente Pandemie-Politik zu fahren – weder inhaltlich noch kommunikativ. Ob in der Schul- oder der Wirtschaftspolitik, die Maßnahmen sind viel zu oft viel zu kurzfristig ergriffen und dann wieder über den Haufen geschmissen worden. Das hat zu Chaos und Verunsicherung geführt. Das wollen wir anders machen. Kleine und mittelständische Unternehmen mit bis zu 50 Beschäftigten, Solo-Selbstständigen und Kulturschaffenden werden wir bei der Rückzahlung der Sofort- und Überbrückungshilfen großzügige Stundungen ermöglichen. Neben diesen finanziellen Hilfestellungen werden wir auch die Restrukturierungs- und Insolvenzberatung für KMU in den kommenden Jahren ausweiten sowie eine zeitnahe Erst- und Folgeberatung finanziell unterstützen. So ermöglichen wir gesteuerte Insolvenzverfahren, bewahren Arbeitsplätze und geben kleinen Unternehmen eine Zukunft.
Die Energiepreise sind in die Höhe geschossen. Muss der Kohleausstieg verschoben werden?
Neubaur: Am Ziel des Kohleausstiegs 2030 halten wir weiter fest, denn dieses Ziel ist richtig und wichtig. Man muss dabei zwischen dem Ziel und pragmatischen Angeboten unterscheiden. Ein pragmatisches Angebot ist es, Kohlekraftwerke in die Sicherheitsreserve zu überführen, um die Energiesicherheit zu gewährleisten. Das heißt aber nicht, das Ziel Kohleausstieg 2030 zu kippen. Wir halten an diesem Enddatum fest. Aber das heißt, dass auch auf Landesebene deutlich mehr als in der Vergangenheit getan werden muss, um den Ausbau der Erneuerbaren voranzutreiben.
Es ist wichtig, dass vor allem diejenigen vor Überlastung geschützt sind, bei denen die steigenden Energiekosten schnell zur existenziellen Frage werden können. Deshalb ist es richtig und wichtig, dass die Bundesregierung schon das zweite Entlastungspaket auf den Weg gebracht hat. Auf Landesebene kann durch die Investition in die soziale Infrastruktur Chancengerechtigkeit hergestellt werden. Wir wollen die Verpflegung in Kindertagesstätten kostenlos stellen und Kindern und Jugendlichen ermöglichen, kostenfrei Bus und Bahn fahren zu können. Wir schlagen außerdem einen Pakt gegen Kinderarmut vor. Wir wollen den Kommunen Geld zur Verfügung stellen, damit sie an den Stellen, wo für Kinder Teilhabe nicht möglich ist, selbst Programme auflegen können.
Muss in diesen Krisenzeiten nicht das Signal auf mehr Investitionen statt auf „schwarze Null“ gestellt werden?
Neubaur: Wir haben horrende Schulden in der Realität, die nicht in den Büchern auftauchen – kaputte Schulen, marode Brücken, vom ÖPNV abgehängte Regionen. Eines muss aber immer klar sein: staatliche Investitionen fußen auf Steuergeldern, also dem, was Unternehmen und Menschen erwirtschaften. Deswegen müssen wir für private und staatliche Investitionen einen zukunftsfesten Rahmen bieten, um wirtschaftlichen Erfolg, gesellschaftliche Teilhabe und Klimaneutralität in Einklang zu bringen. Mit einem Klima- und Transformationsfond für Wirtschaft und Kommunen starten wir in NRW ein Wiederaufbauprogramm nach der Krise.
Für die dringend notwendige Verkehrswende muss in den Ausbau von Radwegen, Bus und Bahn investiert werden. Damit Menschen da wohnen können, wo sie leben möchten, werden wir mehr in bezahlbaren Wohnraum investieren. Das alles sind Investitionen in unsere Zukunft, die sich lohnen werden.
Wie wollen Sie sich im Landtag für Düsseldorf und insbesondere den Düsseldorfer Norden in der kommenden Wahlperiode einsetzen?
Neubaur: Da wohnen, wo man Leben möchte, dass gilt für Düsseldorf leider nicht für alle Menschen. Das wollen wir ändern und deshalb werden wir mehr investieren in bezahlbaren Wohnraum und Preisexplosionen verhindern. Von einem Recht auf Wohnen, dass wir in der Landesverfassung festschreiben wollen, profitieren auch diejenigen, die in Düsseldorf leben und arbeiten. Daneben brauchen wir dringend eine echte Verkehrswende, auch für Düsseldorf. Das Ein- und Auspendeln macht die Luft dreckig und die Stadt laut. Dabei haben wir so viel Potenzial hier für Radwege, für Bus und Bahn.
Durch gezielte Investitionen möchte ich die Lebensqualität steigern. Zum Beispiel durch mehr Grün und weniger Blech, besser ausgestattete Kitas und Schulen, komfortable Alternativen zum eigenen Auto und eine gute Mischung von Handel, Gastronomie und Kultur. Damit geben wir den Menschen ihre Stadt zurück.
Mona Neubaur, geb. 1977 in Pöttmes, ist vor rund 25 Jahren aus Bayern nach Nordrhein-Westfalen gekommen und hier heimisch geworden. Nach ihrem Abschluss als Diplom-Pädagogin an der Heinrich-Heine-Universität arbeitete sie zunächst in der Energiewirtschaft und anschließend bei der Heinrich-Böll-Stiftung NRW, davon vier Jahre als Geschäftsführerin. Von 2007 bis 2015 war sie Sprecherin des Kreisverbandes Düsseldorf. Seit 2014 ist sie Landesvorsitzende der Grünen in Nordrhein-Westfalen. Im Dezember 2021 wurde Mona Neubaur zur Spitzenkandidatin für die Landtagswahl 2022 gewählt.
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